„Reden über Kunst“: Kunst und Politik

Unter dem Titel „Die politische Dimension der Kunst – Bedingungen, Grenzen und Perspektiven“ veranstaltet das Projektnetzwerk „Reden über Kunst“ am 20. und 21. April 2018 ein Symposium in der Kunststiftung Erich Hauser in Rottweil. Das Projektnetzwerk, zu dem sich die Sammlung Grässlin, St. Georgen, die Kunststiftung Erich Hauser, Rottweil, Fürstenberg Zeitgenössisch, Donaueschingen und die Städtische Galerie Villingen-Schwenningen zusammengeschlossen haben, konzipiert und realisiert seit 2011 regelmäßig Symposien zu aktuellen Fragestellungen der zeitgenössischen Kunst. So waren die Themen vergangener Jahre „Von der Macht der Kunst – Strategien zur Unsterblichkeit“, „Freiheitskrise? Zum Anspruch künstlerischer Autonomie in der Gegenwartskunst“ und „Kunst transformiert – Der Wert der Kunst im Wandel“. Das Symposium 2018 wird sich nun mit dem Thema Kunst und Politik auseinandersetzen.

Kunst und der Politik stehen seit jeher in einer symbiotischen Beziehung. Dieses Band ist nicht statisch, sondern befindet sich in einem stetigen Wandel. Wie auch die Kunst selbst verändert sich diese Beziehung in Abhängigkeit zum gesellschaftspolitischen Kontext, in den sie eingebunden ist. Es gilt daher die Interaktion von Kunst und Politik immer wieder zu hinterfragen und neu zu reflektieren. 

Die Moderne und all jene tiefgreifenden Veränderungen, die sie mit sich brachte, bedeutete auch für das Verhältnis von Kunst und Politik eine Zäsur. Die Kunst erfüllte immer weniger eine politische Funktion und wurde zunehmend selber politisch. Ob Abstraktion, DADA, der Surrealismus oder die zahlreichen Strömungen der 1950er und 1960er Jahre – in all diesen künstlerischen Tendenzen des 20. Jahrhunderts manifestierte sich eine Kritik als Reaktion auf aktuelle gesellschaftspolitische, soziale oder ökonomische Missstände.

Auch das 21. Jahrhundert hat tiefgreifende Veränderungen unserer Lebensrealität mit sich gebracht, auf die die Kunst reagiert. Durch die voranschreitende Globalisierung, die zunehmenden neoliberalistischen Tendenzen des kapitalistischen Wirtschaftssystems, den Klimawandel, die zahlreichen Kriege und Krisenherde in der Welt und nicht zuletzt durch die Digitalisierung und der damit verbundenen medialen Gleichzeitigkeit von Information über wahre und ‚gefakte‘ Ereignisse ist eine Situation entstanden, die unsere globale Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellt. 

Das zweitägige Symposium ‚Die politische Dimension der Kunst – Bedingungen, Grenzen und Perspektiven‘ setzt sich mit dem Verhältnis von Politik und Kunst im 20. Jahrhundert und 21. Jahrhundert auseinander. Ziel ist eine Bestandsaufnahme und Positionsbestimmung der politischen Dimension der Kunst der Gegenwart. Damit verbunden ist eine differenzierte Analyse des Verhältnisses von Kunst und Politik in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen. Welches Ziel verfolgt politische Kunst heute? Was konkret macht sie politisch und wie kann sie in den demokratischen Diskurs eingreifen? Wo verlaufen die Grenzen zwischen politischer Kunst, politischem Artivismus und Aktivismus? Welche künstlerischen Strategien werden angewendet und welche Formen nimmt politische Kunst an? Inwiefern können künstlerischer und politischer Anspruch miteinander verbunden werden und sich wechselseitig begründen?

In Vorträgen von Wissenschaftlern aus den Bereichen der Kunstgeschichte, Soziologie und Medientheorie sowie von Kuratoren und Künstlern werden relevante Aspekte politischer Kunst aus unterschiedlichen Perspektiven reflektiert.

Unter anderem wird Professor Hermann Pfütze über den Unterschied zwischen Kunst und Politik bzw. Kunst und Demokratie sprechen und erörtern, wie die Wirkkraft der Künste in einer Öffentlichkeit einzuschätzen ist, die zunehmend von privatem Geld, Geschmack und privater Sicherheit besetzt wird. Professor Dr. Wolfgang Ullrich geht der Frage nach, wie die Logik der sozialen Medien die Form und Durchführung von Politaktionen verändert hat und wie diese dadurch in der medialen Aufbereitung oft viel relevanter sind als am Ort ihres Stattfindens. Annette Kulenkampffreferiert über die ‚Entstehung der documenta 14 in Kassel und Athen – eine politische Ausstellung in politisch schwierigen Zeiten‘ und der Künstler Georg Winter ist in  Kooperation mit dem Planet Dance Ensemble (D) und den Second Chance Vests (NL / H) mit der Performance ‚TANNZ – Schwarzwälder und andere europäische Kugeltänze‘ zu erleben.

Teilnehmende Referenten/innen

  • Annette Kulenkampff, Geschäftsführerin der documenta und Museum Fridericianum-gGmbH
  • Dr. Holger Kube Ventura, Kunstwissenschaftler, Kulturmanager, Leiter der Sammlung für konkrete Kunst am Kunstmuseum Reutlingen
  • Prof. Dr. Helmut Draxler, Professor für Kunsttheorie an der Universität für angewandte Kunst Wien
  • Prof. Hermann Pfütze, Kunstkritiker und pensionierter Professor für Soziologie an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin
  • Jochen Becker, metroZones, Kurator und Kritiker, Berlin
  • Prof. Dr. Wolfgang Ullrich, Kunstwissenschaftler, Autor, Kulturphilosoph, Leipzig und München

Teilnehmende Künstler/innen

  • Alice Creischer
  • Georg Winter
  • Marc Lee
  • Nasan Tur
  • Christian Kosmas Mayer
  • Barbara Holub

Moderation

Stefan Koldehoff, Kulturredaktion Deutschlandfunk, Köln